Willkommen in der Steppe

Mit Alfred Brehm in Kasachstan 1876/2021

Ein Reisetagebuch von Ina Hildebrandt und Volker Kreidler 

Am 17. April macht sich der Fotograf Volker Kreidler gemeinsam mit der Kulturjournalistin Ina Hildebrandt auf den Weg nach Kasachstan. Im Gepäck haben sie das Reisetagebuch Alfred Brehms, der vor 145 Jahren durch den Nordosten des zentralasiatischen Landes reiste. Die Notizen Brehms geben Kreidler und Hildebrandt die Route für eine dreiwöchige Rundreise durch die Regionen Almaty, Ost-Kasachstan und Pawlodar vor. Volker Kreidler dokumentiert diese Reise mit seiner Kamera und Ina Hildebrandt interviewt Menschen, denen sie unterwegs begegnen. Gemeinsam berichten sie von dieser Reise in dem Blog.

Der Naturforscher und Autor der bekannten Tierenzyklopädie Brehms Tierleben legte damals eine Strecke von mehr als 4.000 Kilometern durch Gebiete des heutigen Kasachstans zurück. In der Kutsche, auf dem Pferd oder zu Fuß zog Brehm durch ebene Steppen, Hochgebirge und Flusstäler. Er beobachtete Tiere wie die heute vor dem Aussterben bedrohten Kulane und Saigaantilopen und machte sich ein Bild von Land und Leuten.

In dem Dorf Lepsi am Nordrand des hochgebirgischen Dsungarischen Alatau bekommt Kreidler einen Eindruck von einer Siedlung, die Alfred Brehm im Jahr 1876 beschreibt. Dieses Dorf, ebenso wie viele weitere Ortschaften, die Brehm damals passierte, war eine Neugründung russischer Siedler an den südlichen Grenzen des russischen Zarenreiches. Brehm erlebte hier ein Land, dessen militärische und wirtschaftliche Erschließung in vollem Gange war. Sein Tagebuch ist deshalb nicht nur den Tieren, sondern auch den wirtschaftlichen Verhältnissen, den Siedlern und den dort lebenden Nomadenvölkern, den Kasachen, gewidmet. Brehm erscheint Lepsi als ein „kleines Paradies“, das mit Wasserreichtum und fruchtbaren Böden gesegnet ist. 

Auf den Spuren von Brehm reisen Volker Kreidler und Ina Hildebrandt von Lepsi weiter nach Norden zum Salzwassersee Alaköl, vorbei am Tarbagataigebirge zum Saissansee, in den kasachischen Teil des Altaigebirges und die dortigen Bergbaustädte, in die einst als Festung des russischen Zaren gegründete Stadt Semipalatinsk und schließlich nach Nur-Sultan. In der Hauptstadt Kasachstans werden die Ergebnisse der fotografischen Reise in einer Sonderausstellung gezeigt. Unter dem Titel „Willkommen in der Steppe – Mit Alfred Brehm in Kasachstan 1876 / 2021“ konfrontiert die Ausstellung Alfred Brehms Reisebeschreibungen mit dem fotografischen Blick auf das heutige Land.

IN DEN HAUPTROLLEN

Volker Kreidler reist seit 20 Jahren durch die Transformationsländer Mittel- und Osteuropas. Mit seiner Kamera sucht er nach Indikatoren für den Wandel. In den Blick kommen dabei Grenzgebiete und Transportwege, an denen Waren, Wissen und „human ressources“ zirkulieren. Seine visuellen Recherchearbeiten widmen sich außerdem den Wechselwirkungen von Natur und Kultur durch die Interaktion mit und den Einfluss der Menschen auf die Umwelt.    

Ina Hildebrandt ist Kunsthistorikerin und arbeitet als Kulturjournalistin in Berlin. Sie ist in Kasachstan geboren und in Deutschland aufgewachsen. Reiseerfahrungen und längere Aufenthalte in Osteuropa, Russland und Zentralasien weckten ihr Interesse an der professionellen Beschäftigung mit diesen Regionen.  

Alfred Edmund Brehm (1829–1884) wächst als Sohn des Pfarrers und Ornithologen Christian Ludwig Brehm (1787–1864) in Renthendorf auf. Mit 18 Jahren lässt er sich als Assistent für eine Afrika-Expedition anwerben. Brehm bleibt fünf Jahre in Ägypten und im Sudan und erkundet die Tierwelt entlang des Nils. Nach einer weiteren Forschungsreise durch Spanien (1856–1857) zieht er nach Leipzig. Hier beginnt die Karriere Alfred Brehms als populärwissenschaftlicher Reise- und Tierschriftsteller. Sie führt ihn als Journalist nach Norwegen (1860), als Zoodirektor nach Hamburg (1863 bis 1866) und Berlin (1869 bis 1874) sowie auf Forschungs- und Vortragsreisen durch Europa, nach Westsibirien und Nordamerika. Sein Lebensweg endet schließlich wieder an seinem Geburtsort in Renthendorf. Dort stirbt er an den Spätfolgen einer Malariainfektion.